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Alles Wichtige verständlich und kompakt erläutert
In Deutschland ist das Steuersystem vergleichsweise übersichtlich. Einkommensteuer, Umsatzsteuer, Körperschaftsteuer – alle Steuerarten sind bundesweit einheitlich geregelt. Wer in Hamburg lebt und arbeitet, zahlt genauso viel Steuern wie jemand in München oder Berlin. Die einzige Ausnahme ist die Gewerbesteuer, deren sogenannter Hebesatz von jeder der über 10.000 deutschen Gemeinden selbst festgelegt wird und zwischen 200% und 580% des Grundbetrags variieren kann.
In den USA liegt der Fall deutlich komplexer. Denn zwar gibt es auch hier Steuern auf Bundesebene, die sogenannten Federal Taxes. Auch hier sind etwa die Einkommen- und Körperschaftsteuer landesweit gleich. Allerdings halten die Bundesstaaten auch selbst sehr gerne die Hand auf und erheben eigenständig Steuern in Form von State Taxes oder State-level Taxes, mit dem Effekt, dass die USA an dieser Stelle in über 50 verschiedene Steuersysteme zerfallen – jeweils eines pro Bundesstaat.
Daneben können zusätzliche lokale Abgaben auf County- oder Stadtebene anfallen (Local Taxes). Die Folge: Ein und derselbe wirtschaftliche Sachverhalt wird je nach Wohnort oder Firmensitz völlig anders besteuert.
Die Folge: Während deutsche Steuerzahler mit einer einzigen Steuererklärung ihre steuerlichen Pflichten erfüllen, hantieren Amerikaner mit mehreren verschiedenen Behörden, Formularen und Fristen herum. Zudem gibt es keine Koordination zwischen Bundes- und Bundesstaatenebene. Wer seine Bundessteuererklärung beim IRS einreicht, hat damit noch nicht seine steuerlichen Pflichten gegenüber dem jeweiligen Bundesstaat erfüllt. Häufig sind mehrere parallele Steuererklärungen notwendig.
Die Einkommensteuer in den USA ist ein anschauliches Beispiel für föderalen Wildwuchs: Auf Bundesebene erhebt der IRS die klassische progressive Einkommensteuer. Sie gilt landesweit und basiert auf einem Stufentarif.
Dazu kommt die bundesstaatliche Ebene: 43 von 50 Bundesstaaten erheben zusätzlich eigene Einkommensteuern – mit völlig anderen Steuersätzen, Freibeträgen und Abzugsregeln. Staaten wie Florida oder Texas verzichten ganz darauf, während Kalifornien mit bis zu 13 % besteuert – zusätzlich zur Bundessteuer wohlgemerkt. In einzelnen Städten wie etwa New York City wird sogar auf kommunaler Ebene noch Einkommensteuer fällig. Die Folge: Es müssen dann sogar drei unterschiedliche Einkommensteuererklärungen abgegeben werden.
Nicht viel anders sieht es bei der Körperschaftsteuer aus. Auf Bundesebene wird eine einheitliche Körperschaftsteuer von 21 % erhoben. Auf bundesstaatlicher Ebene hat jeder Staat eigene Körperschaftsteuersätze und dazu noch eigene Definitionen von Gewinn und eigene Berechnungsmethoden. In Illinois etwa liegt der Steuersatz bei über 9 %, in South Dakota bei null. Einige Staaten haben sogenannte „gross receipts taxes", die sich am Umsatz statt am Gewinn orientieren. Andere lassen bestimmte Abzüge (z. B. Beteiligungsverluste) nicht zu. Wieder andere wenden alternative Steuergrundlagen an (z. B. Kapitalanteile).
Anders als in der Schweiz mit ihrem Steuerharmonisierungsgesetz oder der EU mit ihren verbindlichen Steuerrichtlinien gibt es in den USA praktisch keine ernst zu nehmenden Harmonisierungsbestrebungen. Der einzige nennenswerte Versuch war der Multistate Tax Compact von 1966, koordiniert durch die Multistate Tax Commission, der einheitliche Regeln für die Gewinnaufteilung multinationaler Unternehmen schaffen sollte. Doch nur 15 Bundesstaaten plus Washington D.C. sind Vollmitglieder, und selbst diese können beliebige Teile des Abkommens ablehnen.
Punktuelle Koordination gibt es nur dort, wo ein Regelungsbedarf groß genug ist – etwa beim Streamlined Sales Tax Project für den Online-Handel oder beim Kraftstoffsteuer-Abkommen. Im Gegenteil wacht die Federation of Tax Administrators sogar darüber, dass keine „Bundesgesetze die staatliche Steuerhoheit unangemessen beschneiden". Das Ergebnis ist ein System, das ganz klar auf knallharten Steuerwettbewerb statt auf Harmonisierung setzt – sehr zum Leidwesen aller, die sich in diesem Dickicht an Steuergesetzen zurechtfinden müssen.
Ein Steuervergleich zwischen einzelnen Wohnorten oder Geschäftssitzen wird damit leider extrem kompliziert, denn es reicht bei weitem nicht aus, nur auf den Steuersatz einer Steuerart zu schauen. Wer etwa hört, dass Florida keine Einkommensteuer erhebt, könnte vorschnell annehmen, Florida sei automatisch ein Steuerparadies. Doch dieser Eindruck täuscht: Entscheidend ist immer die Gesamtsteuerbelastung, und dazu zählen auch Sales Tax, Grundsteuer, lokale Zuschläge oder Sonderabgaben. Viele Bundesstaaten gleichen niedrige oder nicht vorhandene Einkommensteuern durch hohe andere Steuern wieder aus. Ganz einfach deshalb, weil sie es müssen.
Ein sinnvoller Steuervergleich zwischen Bundesstaaten muss also alle relevanten Steuerarten und alle drei Ebenen berücksichtigen – und genau das macht die Wohnortwahl oder Standortwahl für Unternehmer, Investoren oder Auswanderer in den USA zu einer veritablen Denksportaufgabe.
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