Lexikon
Begriffe einfach erklärt – von A bis Z
Preferred Stock – auf Deutsch meist als Vorzugsaktien übersetzt – ist eine spezielle Beteiligungsform an US-Corporations, die institutionellen Investoren vorbehalten ist. Anders als Common Stock, das die Basis-Eigentümerstruktur für Gründer und Mitarbeiter bildet, ist Preferred Stock mit zahlreichen Schutzrechten, Bevorzugungen und Sonderrechten ausgestattet.
Der Name „Preferred“ (bevorzugt) deutet bereits darauf hin, worum es geht: Diese Aktienklasse wird bei Dividenden, Liquidationen und anderen Ereignissen gegenüber dem Common Stock bevorzugt behandelt. Preferred Stock ist das Standardinstrument für Venture-Capital-Finanzierungen und für größere Investmentrunden. Wer als Gründer Kapital aufnehmen will, kommt um Preferred Stock nicht herum.
Für kleinere Corporations ohne externe Investoren spielt Preferred Stock hingegen keine Rolle. Wer sein Unternehmen selbst finanziert oder nur mit Freunden und Familie startet, kann jahrelang ausschließlich mit Common Stock arbeiten.
Preferred Stock unterscheidet sich von Common Stock durch eine Reihe zusätzlicher Rechte, die dem Investor Sicherheit und Einfluss verschaffen sollen. Die wichtigsten sind:
Liquidation Preference – das zentrale wirtschaftliche Merkmal. Bei einem Verkauf des Unternehmens, einem Börsengang oder einer Liquidation erhalten Preferred Shareholders ihre Investition (oder ein Vielfaches davon) zurück, bevor die Common Shareholders irgendetwas erhalten. Hat ein Investor 5 Millionen Dollar für Series-A-Preferred bezahlt, bekommt er bei einem Exit mindestens diese 5 Millionen zurück – unabhängig davon, wie viel Prozent er hält.
Conversion Rights – das Recht zur Umwandlung. Preferred Stock lässt sich in Common Stock umwandeln. Der Investor kann bei einem Exit wählen: Entweder nutzt er seinen Preferred Stock nimmt seine Liquidation Preference mit oder er wandelt ihn in Common Stock um und partizipiert proportional am Erlös. Normalerweise wählen Investoren immer die Option, die ihnen mehr bringt. Bei sehr erfolgreichen Exits ist die proportionale Beteiligung wertvoller als die Liquidation Preference.
Dividendenvorzug – vorrangige Gewinnausschüttung. Wenn das Board of Directors Dividenden beschließt, werden Preferred Shareholders zuerst bedient, oft zu einem festen oder bevorzugten Satz. Common Shareholders erhalten nur dann Dividenden, wenn nach Bedienung der Preferred Shareholders noch etwas übrig bleibt.
Board Seats – direkter Einfluss auf die Geschäftsführung. Preferred Stock ist häufig mit dem Recht verbunden, einen oder mehrere Vertreter in das Board of Directors zu entsenden. Aktionäre haben normalerweise keinen direkten Einfluss auf die Geschäftsführung, sondern nur über Grundsatzfragen abstimmen. Ein Board Seat verschafft dem Investor hingegen direkten Zugang zu allen strategischen Entscheidungen.
Protective Provisions – Veto-Rechte bei wichtigen Entscheidungen. Preferred Shareholders können sich vertraglich absichern, dass bestimmte Entscheidungen nur mit ihrer Zustimmung getroffen werden dürfen. Typische Beispiele sind Änderungen der Satzung, Ausgabe neuer Aktien, Verkauf des Unternehmens oder Aufnahme von Fremdkapital über bestimmte Schwellenwerte.
Die genaue Ausgestaltung dieser Rechte wird im Term Sheet verhandelt – einem Vertrag zwischen Gründern und Investoren. Die vereinbarten Rechte werden dann rechtlich verankert in den Articles of Incorporation (dem Gründungsdokument der Corporation) und im Shareholders' Agreement (einem separaten Vertrag zwischen den Aktionären, der zusätzliche Rechte und Pflichten regelt).
Preferred Stock wird fast ausschließlich an institutionelle oder professionelle Investoren ausgegeben. Die typischen Empfänger sind:
Venture-Capital-Fonds bilden die Hauptgruppe. Sie investieren in wachstumsstarke Start-ups und verlangen dafür Preferred Stock mit umfassenden Schutzrechten. Eine Series-A-Runde von 3 Millionen Dollar wird typischerweise als Preferred Stock strukturiert, nicht als Common Stock.
Business Angels und vermögende Privatinvestoren erhalten bei größeren Investments ebenfalls oft Preferred Stock, allerdings meist in vereinfachter Form. Ein Business Angel, der 100.000 Dollar investiert, bekommt vielleicht Series-Seed-Preferred mit einer simplen Liquidation Preference, aber ohne Board Seats oder umfassende Protective Provisions.
Strategische Investoren wie Unternehmen aus der eigenen Branche oder Family Offices investieren ebenfalls über Preferred Stock, wenn sie substanzielle Beträge einbringen und entsprechende Mitspracherechte verlangen.
Corporate Venture-Capital-Ableger großer Konzerne nutzen Preferred Stock, um sich an innovativen Start-ups zu beteiligen, ohne die volle Kontrolle zu übernehmen.
Gründer und Mitarbeiter erhalten dagegen praktisch nie Preferred Stock. Ihre Beteiligung erfolgt über Common Stock, weil sie das Unternehmen aufbauen und keine Schutzrechte gegen sich selbst brauchen.
Preferred Stock und Common Stock unterscheiden sich fundamental in ihrer Ausgestaltung und Funktion:
Auszahlungsreihenfolge: Der wichtigste Unterschied zeigt sich bei einem Exit oder einer Liquidation. Preferred Shareholders werden zuerst ausgezahlt – sie erhalten ihre Liquidation Preference, bevor Common Shareholders überhaupt etwas sehen. Erst wenn alle Preferred Shareholders bedient sind, wird der verbleibende Erlös auf die Common Shareholders verteilt.
Stimmrechte: Common Stock folgt typischerweise dem Prinzip „one share, one vote“. Preferred Stock hat häufig eingeschränkte oder gar keine Stimmrechte bei alltäglichen Entscheidungen. Dafür gewährt Preferred Stock aber andere Einflussmöglichkeiten wie etwa Board Seats und Veto-Rechte bei wichtigen Grundsatzfragen.
Schutzrechte: Common Shareholders haben keine besonderen Schutzrechte. Preferred Shareholders dagegen sichern sich häufig vertraglich ab gegen Verwässerung (Anti-Dilution-Klauseln), gegen unerwünschte strategische Entscheidungen (Protective Provisions) und gegen schlechte Exits (Liquidation Preference).
Flexibilität: Preferred Stock ist umwandelbar in Common Stock. Der Investor kann flexibel entscheiden, ob er seine Privilegien nutzt oder lieber zu Common Stock konvertiert und proportional am Erfolg teilnimmt. Common Shareholders haben diese Wahlmöglichkeit nicht – sie stehen immer hinten in der Reihe.
Kosten und Komplexität: Die Ausgabe von Preferred Stock ist aufwendig. Term Sheets müssen verhandelt werden, Anwälte setzen komplexe Verträge auf, die Dokumentation kostet leicht 15.000 bis 50.000 Dollar. Common Stock lässt sich dagegen mit einfachen Standarddokumenten ausgeben.
Preferred Stock wird typischerweise in verschiedene Series unterteilt, wobei jede Series einer Finanzierungsrunde entspricht. Ein wachsendes Start-up durchläuft oft mehrere Runden:
Series Seed oder Seed Preferred Stock stammt aus einer sehr frühen Finanzierungsrunde, oft von Business Angels oder Frühphasen-Fonds. Die Struktur ist hier meist noch einfach – der Preferred Stock enthält eine simple Liquidation Preference, vielleicht rudimentäre Anti-Dilution-Rechte, aber keine Board Seats oder umfassende Protective Provisions.
Series A Preferred Stock kommt aus der ersten institutionellen VC-Runde. Hier wird es ernster in Form einer 1x Liquidation Preference, Standard-Anti-Dilution-Schutz, ein Board Seat für den Lead-Investor, und ein Katalog von Protective Provisions. Die Series-A-Investoren bekommen oft auch ein Vorkaufsrecht bei späteren Runden.
Series B, C, D und weitere Series folgen bei späteren Finanzierungsrunden. Jede neue Series kann andere Rechte haben. Series B könnte eine höhere Bewertung widerspiegeln und deshalb weniger aggressive Bedingungen haben. Oder umgekehrt: Läuft es schlecht, könnten Series-C-Investoren härtere Bedingungen durchsetzen als die früheren Investoren.
Das Entscheidende: Diese Series existieren gleichzeitig und bilden eine Rangfolge. Bei einem Exit werden typischerweise die späteren Series zuerst ausgezahlt (Senior Preferred), dann die früheren Series (Junior Preferred), und erst ganz am Ende die Common Shareholders. Diese Reihenfolge nennt sich „Liquidation Stack“ oder „Waterfall“ und kann erhebliche Auswirkungen darauf haben, wer bei einem Exit wie viel bekommt.
Eine zentrale Unterscheidung bei der Liquidation Preference ist die Frage: Nimmt der Preferred Shareholder nach seiner Liquidation Preference noch an der weiteren Verteilung teil?
Non-Participating Preferred Stock ist heute der Standard. Der Investor muss sich entscheiden: Entweder er nimmt seine Liquidation Preference oder er konvertiert zu Common Stock und nimmt seinen prozentualen Anteil. Wird ein Unternehmen für 50 Millionen verkauft, ein Investor hat 10 Millionen investiert und hält nach Konversion 15 Prozent, wählt er die Konversion (15% von 50 Millionen = 7,5 Millionen sind weniger als die 10 Millionen Liquidation Preference, also nimmt er die 10 Millionen). Bei einem 100-Millionen-Exit würde er konvertieren, weil 15 Prozent mehr bringen als die 10 Millionen Liquidation Preference.
Participating Preferred Stock ist die härtere Variante. Hier bekommt der Investor beides: Erst seine Liquidation Preference, dann nimmt er zusätzlich noch an der Verteilung des Resterlöses teil. Bei einem 50-Millionen-Exit würde er 10 Millionen Liquidation Preference bekommen, und von den restlichen 40 Millionen dann noch seinen 15-Prozent-Anteil – also weitere 6 Millionen. Insgesamt 16 Millionen, obwohl er nur 15 Prozent hält. Das nennt sich „Double Dip“.
Für Gründer ist Participating Preferred äußerst nachteilig, weil es den Anteil der Common Shareholders am Exit-Erlös massiv reduziert. In den letzten Jahren hat sich deshalb Non-Participating als Marktstandard durchgesetzt – außer bei sehr schwierigen Finanzierungen, wo verzweifelte Unternehmen harte Bedingungen akzeptieren müssen.
Preferred Stock ist kein universelles Instrument für jede Corporation. Die Frage ist: Plant man, externes Kapital von professionellen Investoren aufzunehmen?
Preferred Stock wird relevant bei:
Preferred Stock ist unnötig bei:
Wer eine einfache Corporation für ein E-Commerce-Geschäft oder eine Beratungsgesellschaft gründet und keine Investoren aufnehmen will, braucht kein Preferred Stock. Die ganze Komplexität – Term Sheets, Liquidation Preferences, Protective Provisions – wäre reine Geldverschwendung.
Wer dagegen ein wachstumsorientiertes Tech-Start-up aufbaut und Venture Capital aufnehmen will, kommt um Preferred Stock nicht herum. Kein seriöser VC-Fonds investiert signifikante Beträge ohne die Schutzrechte und Präferenzen, die Preferred Stock bietet.
Für US-Investoren kann Preferred Stock steuerlich vorteilhaft sein, insbesondere wenn es sich um Qualified Small Business Stock (QSBS) handelt. Unter bestimmten Bedingungen können Gewinne aus dem Verkauf solcher Aktien teilweise oder vollständig steuerfrei bleiben.
Für ausländische Investoren gelten andere Regeln. Dividenden aus US-Corporations unterliegen typischerweise einer Quellensteuer (Withholding Tax) von 30 Prozent, die durch Doppelbesteuerungsabkommen reduziert werden kann. Beim Verkauf der Aktien können ebenfalls US-Steuerpflichten entstehen, abhängig von der Struktur und den Umständen.
Die steuerliche Situation ist komplex und sollte frühzeitig mit spezialisierten Steuerberatern geklärt werden, die sowohl das US-Steuerrecht als auch die Besteuerung im Heimatland des Investors kennen.
Preferred Stock ist das Beteiligungsinstrument der Wahl, wenn professionelle Investoren ins Spiel kommen. Es kombiniert wirtschaftliche Vorzugsbehandlung mit Kontrollrechten und bietet Investoren die Sicherheiten, die sie für substanzielle Investments verlangen.
Für Gründer bedeutet die Ausgabe von Preferred Stock einen gewissen Kontrollverlust und die Akzeptanz von Rangfolgen bei der Auszahlung. Dafür erhalten sie Zugang zu Kapital, das ihr Wachstum beschleunigt, und oft auch zu Know-how und Netzwerken der Investoren.
Die Kunst liegt in der ausgewogenen Strukturierung: Investoren müssen ausreichend geschützt werden, damit sie überhaupt investieren. Gründer und Common Shareholders dürfen aber nicht so stark benachteiligt werden, dass ihre Anteile praktisch wertlos werden. Eine gut verhandelte Preferred-Stock-Struktur schafft dieses Gleichgewicht und ermöglicht eine Partnerschaft, von der beide Seiten profitieren können.
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