Lexikon

Begriffe einfach erklärt – von A bis Z

Föderalismus

Föderalismus bedeutet im Kern: Die politische Macht wird aufgeteilt. Statt einer allein entscheidenden Zentralregierung teilen sich Bund und Länder (oder Staaten) die Aufgaben. Jeder ist in seinem Bereich der Chef. In Deutschland zum Beispiel macht der Bund die Außenpolitik, während die Bundesländer über Bildung entscheiden. In den USA ist dieses System noch extremer ausgeprägt - dort können die einzelnen Bundesstaaten fast schon wie eigenständige, kleine Länder agieren.

Das Grundprinzip ist einfach: Entscheidungen sollen dort getroffen werden, wo sie am besten verstanden werden – nämlich vor Ort. Für die überregionalen Themen braucht es jedoch eine zentrale Instanz. Daraus ergibt sich ein System paralleler Machtstrukturen mit geteilten Verantwortlichkeiten.

Grundprinzipien des Föderalismus

Das föderalistische System verteilt die politische Macht auf zwei Arten: Zum einen wird sie zwischen Parlament, Regierung und Gerichten aufgeteilt. Zum anderen wird sie zwischen den verschiedenen Ebenen des Staates verteilt - also zwischen Bund und Ländern.

Die einzelnen Länder können dabei viele Dinge selbst bestimmen. Sie haben eigene Gesetze, Verwaltungen und oft auch eigene Gerichte. Dabei gilt eine wichtige Regel: Was vor Ort entschieden werden kann, soll auch vor Ort entschieden werden. Die Länder können außerdem über den Bundesrat bei der nationalen Politik mitreden und so ihre Interessen vertreten.

Föderalismus in den USA

Die Vereinigten Staaten repräsentieren einen klassischen Bundesstaat mit 50 gleichberechtigten Einzelstaaten, die jeweils über eigene Verfassungen, Parlamente und Regierungen verfügen. Das amerikanische System basiert auf dem Konzept der "enumerated powers" - das bedeutet: Die US-Verfassung listet ganz konkret auf, was die Bundesregierung in Washington darf. Alles, was nicht auf dieser Liste steht, bleibt automatisch bei den Bundesstaaten. Das ist das Gegenteil des deutschen Systems, wo der Bund grundsätzlich alles darf, was nicht ausdrücklich den Ländern vorbehalten ist.

Wer macht was? Kompetenzverteilung:

Bundesebene zuständig für:

  • Außenpolitik und Verteidigung
  • Währungspolitik (Federal Reserve)
  • Zwischenstaatlicher und internationaler Handel
  • Immigration und Staatsbürgerschaft
  • Post und bundesweite Infrastruktur

Einzelstaaten zuständig für:

  • Bildungssystem (Schulen, Universitäten)
  • Gesundheitswesen und Krankenhäuser
  • Strafrecht und Polizei
  • Familienrecht (Ehe, Scheidung, Sorgerecht)
  • Eigene Steuern und Abgaben
  • Lokale Wirtschaftsregulierung

Besonderheiten des US-Systems:

Diese klare Trennung macht die USA zum "Laboratorium der Demokratie" - die 50 Staaten können völlig verschiedene politische Ansätze ausprobieren. Was in einem Staat funktioniert, übernehmen andere; gescheiterte Experimente bleiben lokal begrenzt. Gleichzeitig entstehen aber auch Konflikte: Wenn sowohl Bund als auch Einzelstaaten in einem Bereich tätig werden können, gilt zwar grundsätzlich Bundesrecht vor Staatsrecht - aber nur dann, wenn der Bund tatsächlich tätig wird.

Vergleich: USA vs. Deutschland/Schweiz/Österreich

Der amerikanische Föderalismus unterscheidet sich erheblich von den föderalen Systemen in den deutschsprachigen Ländern. Während die USA auf dem Prinzip der dualen Souveränität beruhen, praktiziert Deutschland einen kooperativen Föderalismus mit starker Verflechtung zwischen Bund und Ländern. Die deutschen Bundesländer führen einen Großteil der Bundesgesetze aus, haben aber weniger eigenständige Gesetzgebungskompetenzen als amerikanische Bundesstaaten.

Die Schweiz wiederum kombiniert Föderalismus mit direkter Demokratie. Die 26 Kantone haben traditionell sehr große Autonomie, besonders in Steuerfragen, während das Volk durch Referenden direkten Einfluss auf die Politik nimmt. Österreich schließlich praktiziert einen eher zentralisierten Föderalismus, bei dem die neun Bundesländer weniger Kompetenzen haben als ihre deutschen oder schweizerischen Pendants.

Ein wesentlicher Unterschied zeigt sich im Steuerbereich: Während in Deutschland ein komplexes System des Steuerverbunds existiert, bei dem Bund und Länder gemeinsam Steuern erheben und nach festen Schlüsseln aufteilen, können amerikanische Bundesstaaten völlig eigenständige Steuersysteme entwickeln. Dies führt zu dramatischen Unterschieden zwischen den Staaten - von völlig steuerfreien Staaten bis hin zu Hochsteuergebieten.

Nicht-föderalistische Staaten

Im Gegensatz zu föderalen Systemen konzentrieren Zentralstaaten oder Einheitsstaaten die politische Macht auf der nationalen Ebene. Frankreich ist das klassische Beispiel für einen streng zentralistischen Staat, in dem Paris politisch, wirtschaftlich und kulturell dominiert. Regionale Unterschiede werden bewusst nivelliert, und lokale Eigenarten haben wenig Raum in der nationalen Politik.

Großbritannien stellt einen interessanten Grenzfall dar: Traditionell ein Zentralstaat, hat das Vereinigte Königreich in den letzten Jahrzehnten durch "Devolution" bestimmte Kompetenzen an Schottland, Wales und Nordirland abgegeben. Diese bleiben aber grundsätzlich widerrufbare Zugeständnisse der Zentralregierung, nicht verfassungsmäßig garantierte Rechte wie in föderalen Systemen.

Auch Italien und Spanien haben in den letzten Jahrzehnten regional Autonomie ausgebaut, bleiben aber im Kern Zentralstaaten. Japan mit seinen Präfekturen und Polen mit seinen Woiwodschaften sind weitere Beispiele für zentralistische Systeme, in denen regionale Einheiten hauptsächlich die Beschlüsse der Zentralregierung ausführen, aber kaum eigenständige politische Gestaltungsmacht haben.

Auswirkungen auf das US-Steuersystem

Der Föderalismus macht das amerikanische Steuersystem zu einem der komplexesten der Welt. Im Gegensatz zu den meisten anderen Ländern müssen amerikanische Steuerzahler sowohl Bundes- als auch Einzelstaatssteuern zahlen, wobei jeder der 50 Staaten sein eigenes Steuersystem entwickelt hat. Diese Parallelität führt zu enormer Vielfalt: Während sieben Staaten (darunter Texas, Florida und Nevada) keine persönliche Einkommensteuer erheben, verlangen andere wie Kalifornien oder New York Spitzensteuersätze von über 13%.

Auch bei der Mehrwertsteuer (Sales Tax) zeigen sich dramatische Unterschiede. Während fünf Staaten (darunter Oregon und New Hampshire) völlig auf Sales Tax verzichten, erheben andere kombinierte Sätze von über 11%. Diese Unterschiede beeinflussen nicht nur Konsumentscheidungen, sondern auch Unternehmensansiedlungen und können sogar private Umzugsentscheidungen beeinflussen.

Für Unternehmen entstehen durch diese Struktur komplexe Nexus-Fragen: In welchen Staaten ist ein Unternehmen steuerpflichtig? Die Antwort hängt von Faktoren wie physischer Präsenz, Umsatzschwellen, der Art der Geschäftstätigkeit und sogar von Online-Aktivitäten ab. Ein E-Commerce-Unternehmen kann theoretisch in allen 50 Staaten steuerpflichtig werden, was zu einem enormen Verwaltungsaufwand führt.

Die Möglichkeit der Doppelbesteuerung durch mehrere Staaten wird zwar durch zwischenstaatliche Abkommen und Anrechnungsregeln gemildert, bleibt aber ein reales Problem. Gleichzeitig entstehen Möglichkeiten der Steuerarbitrage: Wohlhabende Amerikaner ziehen gezielt in steuerfreundliche Staaten um, und Unternehmen strukturieren ihre Geschäfte so, dass Einkommen in niedrig besteuerten Staaten anfällt.

Auswirkungen auf Firmengründungen in den USA

Genau diese steuerlichen Unterschiede sind der Hauptgrund, warum der amerikanische Föderalismus so dramatische Auswirkungen auf die Unternehmenswelt hat. Es entsteht ein System des "Regulatory Shopping", bei dem Unternehmen bewusst den Staat auswählen, der für ihre Geschäftstätigkeit die günstigsten Bedingungen bietet.

Delaware ist das beste Beispiel dafür, wie Steuerpolitik zur Wirtschaftspolitik wird: Der Staat erhebt keine Körperschaftssteuer auf Unternehmen, die dort inkorporiert sind, aber außerhalb des Staates operieren. Diese de facto Steueroase in den USA hat dazu geführt, dass etwa 66% aller Fortune 500-Unternehmen und über eine Million Unternehmen insgesamt dort registriert sind - obwohl Delaware einer der kleinsten Staaten ist. Zusätzlich hat Delaware ein hochspezialisiertes Unternehmensrecht entwickelt und verfügt über spezialisierte Gerichte mit Experten-Richtern.

Nevada verfolgt eine ähnliche Strategie: keine Körperschaftssteuer, keine Franchise-Steuer auf Aktien, plus starker Anonymitätsschutz für Gesellschafter. Wyoming lockt mit niedrigen Gebühren und LLC-freundlichen Gesetzen, während Texas mit dem Verzicht auf persönliche Einkommensteuer und wirtschaftsfreundlicher Regulierung punktet.

Diese Wahlmöglichkeiten haben aber ihren Preis. Unternehmen müssen sich durch 50 verschiedene Rechtssysteme navigieren, was erhebliche Compliance-Kosten verursacht. Ein Unternehmen, das in mehreren Staaten tätig ist, muss sich möglicherweise in jedem einzelnen registrieren, verschiedene Berichtspflichten erfüllen und unterschiedliche Regulierungen beachten. Diese Komplexität macht spezialisierte Rechts- und Steuerberatung praktisch unverzichtbar.

Der amerikanische Föderalismus schafft ein System des Wettbewerbs zwischen den Einzelstaaten, das Innovation und Vielfalt fördert, gleichzeitig aber erhebliche Komplexität mit sich bringt. Für Unternehmen bietet es beispiellose Wahlmöglichkeiten bei Standort, Rechtsform und Steuergestaltung, erfordert aber spezialisierte Beratung und verursacht höhere Compliance-Kosten. Im Vergleich zu den koordinierteren föderalen Systemen Deutschlands, der Schweiz oder Österreichs ist das amerikanische Modell weniger auf Ausgleich und Harmonisierung ausgerichtet, sondern setzt bewusst auf den Wettbewerb der Systeme als Motor für Effizienz und Innovation.

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