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Vollmachten im US-Recht: Die Power of Attorney für LLC und Corporation

Eine Vollmacht – im US-amerikanischen Recht als Power of Attorney (POA) bezeichnet – ist ein schriftliches Dokument, mit dem eine Person oder ein Unternehmen einer anderen Person die Befugnis erteilt, in deren Namen zu handeln. Der Vollmachtgeber wird dabei als Principal bezeichnet, der Bevollmächtigte als Agent oder Attorney-in-Fact. Diese Bezeichnung führt übrigens regelmäßig zu Verwirrung, denn ein Attorney-in-Fact muss keineswegs Rechtsanwalt sein – es handelt sich schlicht um den rechtlichen Terminus für den Bevollmächtigten.

Im Kontext von US-Gesellschaften spielen Vollmachten eine wichtige Rolle, allerdings in einer etwas anderen Konstellation als bei natürlichen Personen. Während etwa in Deutschland eine notarielle Generalvollmacht für alle möglichen Rechtsgeschäfte ausgestellt werden kann, ist das Vollmachtsrecht in den USA auf Ebene der einzelnen Bundesstaaten geregelt, was zu unterschiedlichen Anforderungen an Form und Inhalt führt.

Die verschiedenen Arten von Vollmachten

Das US-Recht kennt mehrere Grundtypen von Vollmachten, die sich nach Umfang und Geltungsdauer unterscheiden:

Die General Power of Attorney räumt dem Bevollmächtigten weitreichende Befugnisse ein und erlaubt es ihm, nahezu alle geschäftlichen und finanziellen Angelegenheiten im Namen des Vollmachtgebers zu erledigen. Dazu gehören etwa das Unterzeichnen von Verträgen, die Verwaltung von Bankkonten oder die Abwicklung von Geschäftstransaktionen.

Die Limited Power of Attorney (auch Special Power of Attorney genannt) beschränkt die Befugnisse des Bevollmächtigten auf ganz bestimmte Handlungen oder Transaktionen. So kann etwa nur die Befugnis erteilt werden, einen konkreten Mietvertrag zu unterschreiben oder eine bestimmte Immobilientransaktion abzuwickeln.

Besonders relevant für die Unternehmensführung ist die Durable Power of Attorney, also die dauerhafte Vollmacht. Im Unterschied zu einer gewöhnlichen Vollmacht bleibt diese auch dann wirksam, wenn der Vollmachtgeber geschäftsunfähig wird – etwa durch Krankheit oder Unfall. Dies ist deshalb von Bedeutung, weil nach Common Law eine einfache Vollmacht automatisch erlischt, sobald der Vollmachtgeber die Geschäftsfähigkeit verliert. Die Dauerhaftigkeit muss dabei ausdrücklich im Dokument festgehalten werden, typischerweise mit einer Formulierung wie: „This power of attorney shall not be affected by the subsequent disability or incapacity of the principal."

Eine Sonderform stellt die Springing Power of Attorney dar. Diese tritt erst bei Eintritt eines bestimmten Ereignisses in Kraft – meist dann, wenn der Vollmachtgeber geschäftsunfähig wird. Bis dahin hat der benannte Bevollmächtigte keinerlei Befugnisse. Diese Variante eignet sich für Unternehmer, die eine Absicherung für den Notfall wünschen, ohne bereits jetzt Entscheidungsbefugnisse abzugeben.

Vollmachten und Gesellschaften: Ein wichtiger Unterschied

Hier liegt nun ein wesentlicher Punkt, der für europäische Unternehmer nicht immer sofort ersichtlich ist: Eine persönliche Vollmacht und die Vertretungsbefugnis für eine Gesellschaft sind zwei grundverschiedene Dinge.

Ein Gesellschafter oder Geschäftsführer kann seine Organstellung – also seine Funktion als Director einer Corporation oder als Manager einer LLC – grundsätzlich nicht mittels einer herkömmlichen Power of Attorney auf eine andere Person übertragen. In etlichen Bundesstaaten ist dies sogar ausdrücklich ausgeschlossen. So bestimmt etwa das Recht von Florida, dass eine Power of Attorney nicht dazu verwendet werden kann, Stimmrechte oder Managementbefugnisse bei einer Gesellschaft zu delegieren.

Der Grund dafür liegt in der Natur der Organstellung: Ein Director oder Manager ist von der Gesellschaft (bzw. deren Gesellschaftern) ausdrücklich für diese Funktion berufen worden. Diese Vertrauensstellung kann nicht einfach per Vollmacht weitergereicht werden.

Wenn also der einzige Director einer Corporation oder der Managing Member einer LLC verhindert ist, kann er nicht einfach seinem Nachbarn eine Vollmacht ausstellen und diesen damit zum Geschäftsführer machen. Stattdessen sind andere Mechanismen erforderlich.

Corporate Resolutions und LLC Resolutions

Der richtige Weg, um einer Person Vertretungsbefugnisse für eine Gesellschaft einzuräumen, führt über sogenannte Corporate Resolutions (bei Corporations) bzw. LLC Resolutions oder Member Resolutions (bei LLCs).

Eine Resolution ist ein formeller Beschluss des zuständigen Gremiums der Gesellschaft – also des Board of Directors bei einer Corporation oder der Members bzw. Manager bei einer LLC. Mit diesem Beschluss wird eine bestimmte Person als Authorized Signatory (zeichnungsberechtigte Person) benannt und mit genau definierten Befugnissen ausgestattet.

Der wesentliche Unterschied zur persönlichen Vollmacht besteht darin, dass hier die Gesellschaft selbst – handelnd durch ihre Organe – die Vertretungsbefugnis erteilt, und nicht etwa eine Einzelperson ihre eigenen Befugnisse delegiert. Die bevollmächtigte Person handelt dann direkt im Namen der Gesellschaft und nicht etwa als Stellvertreter eines Gesellschafters.

Ein solcher Beschluss sollte folgende Elemente enthalten:

  • Das Datum und den Ort der Beschlussfassung
  • Die namentliche Benennung der bevollmächtigten Person(en) mit Titel bzw. Funktion
  • Eine genaue Beschreibung der erteilten Befugnisse (welche Verträge dürfen unterschrieben werden, bis zu welchen Beträgen usw.)
  • Das Datum, ab dem die Bevollmächtigung gilt
  • Die Unterschriften der beschlussfassenden Personen

Bei Corporations wird der Beschluss typischerweise vom Corporate Secretary beglaubigt und mit dem Gesellschaftssiegel versehen, sofern ein solches existiert.

Wann werden Vollmachten und Resolutions benötigt?

Banken verlangen bei der Kontoeröffnung regelmäßig eine Resolution, aus der hervorgeht, welche Personen über das Konto verfügen dürfen. Auch für die Aufnahme von Krediten oder die Unterzeichnung von Bürgschaften wird häufig ein entsprechender Gesellschafterbeschluss angefordert.

Bei Immobilientransaktionen – etwa dem Kauf oder Verkauf von Grundstücken durch die Gesellschaft – verlangen Notare und Title Companies ebenfalls den Nachweis, dass die unterzeichnende Person tatsächlich befugt ist, die Gesellschaft zu vertreten.

Im Zollverkehr werden Power of Attorney-Dokumente benötigt, um Customs Broker mit der Abwicklung von Import- oder Exportvorgängen zu beauftragen. Hier handelt es sich allerdings um spezielle Vollmachtsformulare, die den Anforderungen der US-Zollbehörden entsprechen müssen.

Für ausländische Unternehmer, die eine US-Gesellschaft aus der Ferne betreiben, können Vollmachten und Resolutions besonders relevant werden, wenn sie nicht jederzeit persönlich vor Ort sein können, um Dokumente zu unterzeichnen oder Bankgeschäfte zu erledigen.

Formale Anforderungen

Die konkreten Formerfordernisse für Vollmachten variieren von Bundesstaat zu Bundesstaat. Generell gilt aber: Je wichtiger die Transaktion, desto strenger die Anforderungen.

In den meisten Staaten muss eine Power of Attorney schriftlich abgefasst sein. Viele Staaten verlangen zusätzlich die Beglaubigung durch einen Notar Public – was allerdings nicht mit einer deutschen notariellen Beurkundung gleichzusetzen ist, sondern eher einer Unterschriftsbeglaubigung entspricht. Manche Bundesstaaten verlangen zusätzlich die Anwesenheit von Zeugen bei der Unterzeichnung.

Seit der Verabschiedung des Uniform Power of Attorney Act (UPOAA) haben mehr als die Hälfte der Bundesstaaten ihre Regelungen vereinheitlicht. In diesen Staaten gilt eine Vollmacht automatisch als dauerhaft (durable), sofern im Dokument nichts anderes bestimmt ist. In Staaten, die den UPOAA nicht übernommen haben, muss die Dauerhaftigkeit hingegen ausdrücklich festgehalten werden, da die Vollmacht sonst bei Geschäftsunfähigkeit des Vollmachtgebers erlischt.

Für Unternehmer aus dem deutschsprachigen Raum

Wer als Deutscher, Österreicher oder Schweizer eine US-Gesellschaft betreibt, sollte sich frühzeitig Gedanken über Vertretungsregelungen machen. Was passiert, wenn man selbst durch Krankheit oder andere Umstände nicht mehr in der Lage ist, die Gesellschaft zu führen? Im ungünstigsten Fall steht das operative Geschäft still, weil niemand befugt ist, Verträge zu unterzeichnen, Rechnungen freizugeben oder über Bankkonten zu verfügen.

Für Single-Member LLCs, also Einpersonengesellschaften, ist dieses Risiko besonders ausgeprägt, da es von Haus aus keinen zweiten Gesellschafter gibt, der einspringen könnte. Hier empfiehlt sich die rechtzeitige Erstellung einer Durable Power of Attorney in Kombination mit entsprechenden Regelungen im Operating Agreement, die festlegen, wer im Vertretungsfall handeln darf.

Zu beachten ist auch, dass im Ausland erteilte Vollmachten in den USA nicht ohne Weiteres anerkannt werden. Wer eine Power of Attorney für US-Zwecke benötigt, sollte diese nach US-Recht ausstellen lassen und dabei die Anforderungen des jeweiligen Bundesstaates beachten, in dem die Vollmacht zur Anwendung kommen soll.

Exkurs: Die Prokura – ein deutsches Konzept ohne US-Pendant

Die Prokura ist eine handelsrechtliche Vollmacht, die im deutschsprachigen Raum tief im Rechtssystem verankert ist. In Deutschland ist sie in den §§ 48 ff. des Handelsgesetzbuchs (HGB) geregelt, in Österreich findet sich eine nahezu identische Regelung im Unternehmensgesetzbuch (UGB), und auch das schweizerische Obligationenrecht kennt das Institut der Prokura in den Artikeln 458 ff.

Das Besondere an der Prokura liegt in ihrem gesetzlich definierten Umfang: Ein Prokurist ist kraft Gesetzes zu allen Arten von gerichtlichen und außergerichtlichen Geschäften und Rechtshandlungen ermächtigt, die der Betrieb eines Handelsgewerbes mit sich bringt. Diese Befugnisse können im Innenverhältnis zwar eingeschränkt werden, gegenüber Dritten ist eine solche Beschränkung aber grundsätzlich unwirksam. Wer mit einem Prokuristen Geschäfte macht, kann sich also darauf verlassen, dass dieser die Gesellschaft wirksam vertreten kann – ohne erst langwierig prüfen zu müssen, ob die konkrete Transaktion von seiner Vollmacht gedeckt ist.

Die Prokura wird ins Handelsregister eingetragen und ist damit für jedermann einsehbar. Der Prokurist zeichnet mit einem der Firma hinzugefügten Zusatz „ppa." (per procura) oder „pp.", was seine besondere Stellung nach außen dokumentiert.

In den USA: Kein vergleichbares Institut

Das US-amerikanische Recht kennt kein Äquivalent zur Prokura. Es gibt schlicht keine gesetzlich typisierte Handlungsvollmacht mit fest definiertem Umfang, die ins öffentliche Register eingetragen würde und auf die sich Geschäftspartner verlassen könnten.

Stattdessen arbeitet das US-Recht mit dem bereits beschriebenen System aus Corporate Resolutions, Authorized Signatories und Powers of Attorney. Der entscheidende Unterschied: Bei jeder dieser Vollmachten muss der konkrete Umfang der Befugnisse im Einzelfall festgelegt werden. Es gibt keinen gesetzlichen Mindeststandard, auf den sich Dritte berufen könnten.

Das führt in der Praxis dazu, dass Banken, Vertragspartner und andere Geschäftsleute in den USA regelmäßig die Vorlage der entsprechenden Vollmachtsdokumente verlangen und diese auch tatsächlich prüfen. Ein Geschäftspartner kann sich nicht einfach auf einen Registereintrag verlassen, sondern muss sich vergewissern, dass die Person, mit der er verhandelt, auch tatsächlich bevollmächtigt ist, die fragliche Transaktion abzuschließen.

Für deutschsprachige Unternehmer bedeutet das eine gewisse Umstellung: Während man hierzulande mit der Prokura ein praktisches „Rundum-sorglos-Paket" hat, das kaum Fragen aufwirft, muss man in den USA für verschiedene Geschäftsvorgänge möglicherweise verschiedene Vollmachten oder Beschlüsse vorweisen können. Das erfordert mehr Planung und Dokumentation im Vorfeld, bietet aber auch mehr Flexibilität bei der Gestaltung der Vertretungsbefugnisse.

Officer-Stellungen als funktionales Äquivalent?

Am ehesten vergleichbar mit der Stellung eines Prokuristen ist in einer US-Corporation die Position bestimmter Officers. Der President, der Vice President, der Secretary und der Treasurer einer Corporation haben aufgrund ihrer Organstellung gewisse Vertretungsbefugnisse, die sich aus dem Gesellschaftsrecht des jeweiligen Bundesstaates und den Bylaws der Gesellschaft ergeben.

Allerdings sind auch diese Befugnisse nicht so klar umrissen wie bei der Prokura. Was ein Vice President unterschreiben darf und was nicht, hängt von den internen Regelungen der Gesellschaft ab und kann von Corporation zu Corporation erheblich variieren. Die Appointment-Dokumente und Resolutions, mit denen Officers bestellt werden, sollten deshalb möglichst präzise formuliert sein, um spätere Unklarheiten zu vermeiden.

Bei der LLC ist die Situation noch unübersichtlicher, da es hier keine standardisierten Officer-Positionen gibt. Wer welche Befugnisse hat, ergibt sich ausschließlich aus dem Operating Agreement und etwaigen Member- oder Manager-Resolutions.

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