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Alles Wichtige verständlich und kompakt erläutert
Wer eine Corporation gründet, stößt früher oder später auf den Begriff "Corporate Governance". Aber was bedeutet das eigentlich?
Corporate Governance bezeichnet schlicht die formalen Regeln und Strukturen für die Führung einer Corporation. Es geht darum, wie Entscheidungen getroffen werden, wer welche Rollen hat, wie Meetings ablaufen und wie all das dokumentiert wird.
Bei großen, börsennotierten Unternehmen bedeutet das komplexe Strukturen mit Aufsichtsgremien, Komitees und umfangreichen Berichtspflichten. Für kleine, nicht-börsennotierte Corporations – also für die allermeisten Gründungen – sind die Anforderungen deutlich einfacher: Meetings abhalten, Protokolle führen, klare Rollen definieren.
Corporate Governance bezeichnet die Gesamtheit der Regeln, Prozesse und Strukturen, die festlegen, wie eine Corporation geführt und kontrolliert wird. Dazu gehören:
US-Gesellschaftsrecht unterscheidet zwischen zwei Typen von Corporations:
Closely-Held Corporations (nicht-börsennotiert): Das sind Corporations, deren Aktien nicht öffentlich gehandelt werden. Die Aktien befinden sich typischerweise in den Händen weniger Personen – oft einer Einzelperson oder einer kleinen Gruppe von Gründern. Die überwiegende Mehrheit aller Corporations in den USA fällt in diese Kategorie.
Publicly Traded Corporations (börsennotiert): Das sind Corporations, deren Aktien an einer Börse gehandelt werden (NYSE, NASDAQ oder OTC-Märkte). Diese Unternehmen unterliegen strengen bundesrechtlichen Vorschriften, insbesondere dem Sarbanes-Oxley Act von 2002 und den Regeln der Securities and Exchange Commission (SEC).
Für Closely-Held Corporations – und damit für praktisch alle Corporations, die von deutschsprachigen Gründern gegründet werden – gelten deutlich einfachere Corporate Governance Anforderungen als für börsennotierte Unternehmen.
Unabhängig von Größe, Umsatz oder Anzahl der Aktionäre gibt es bestimmte Corporate Governance Pflichten, die für jede Corporation gelten. Diese Pflichten ergeben sich aus dem Gesellschaftsrecht der einzelnen Bundesstaaten – nicht aus bundesrechtlichen Vorschriften.
Jede Corporation muss mindestens einmal pro Jahr eine Hauptversammlung der Shareholders (Aktionäre) abhalten. Das gilt auch dann, wenn es nur einen einzigen Shareholder gibt.
Rechtsgrundlagen:
Das Annual Shareholder Meeting hat folgende Hauptaufgaben:
Für 1-Mann-Corporations bedeutet das: Eine Person hält ein Meeting mit sich selbst ab. Das klingt absurd, ist aber gesetzlich vorgeschrieben. In der Praxis läuft das so ab: Man setzt sich hin, schreibt ein Protokoll (Minutes), in dem steht, dass man als alleiniger Shareholder sich selbst als Director wiedergewählt hat, und unterschreibt dieses Protokoll. Fertig.
Das Meeting muss nicht in einem Konferenzraum stattfinden. Es kann im Homeoffice, im Café oder virtuell per Videokonferenz abgehalten werden. Die Bylaws können vorsehen, dass Meetings auch per Telefon oder schriftlichem Beschluss (Written Consent) ersetzt werden können.
Zusätzlich zum Shareholder Meeting muss auch ein Board of Directors Meeting abgehalten werden. Der Board of Directors ist das Geschäftsführungsorgan der Corporation und trifft die wesentlichen Geschäftsentscheidungen.
Bei kleinen Corporations: Der Board besteht oft nur aus einer einzigen Person – dem Director. Auch hier gilt: Man hält ein Meeting mit sich selbst ab und dokumentiert die Beschlüsse.
Typische Themen eines Board Meetings:
Häufigkeit: Die Bylaws legen fest, wie oft Board Meetings stattfinden müssen. Mindestens einmal pro Jahr ist üblich, aber bei aktiven Gesellschaften können auch quartalsweise Meetings sinnvoll sein.
Alle Shareholder Meetings und Board Meetings müssen protokolliert werden. Die Minutes (Protokolle) dokumentieren:
Die Minutes müssen mindestens drei Jahre lang aufbewahrt werden. Bei größeren Corporations werden sie vom Corporate Secretary geführt, bei kleinen Corporations schreibt der alleinige Director sie selbst.
Rechtsgrundlage: Die meisten Bundesstaaten verlangen die Aufbewahrung von Minutes für mindestens drei Jahre (z.B. Delaware Code § 220).
Warum ist das wichtig? Die Minutes sind der Beweis dafür, dass die Corporation ordnungsgemäß geführt wird. Im Falle einer Klage oder einer Prüfung durch das IRS können sie den Unterschied machen zwischen einem geschützten Haftungsschild und persönlicher Haftung.
Jede Corporation muss Bylaws haben. Die Bylaws sind das interne Regelwerk der Corporation und legen fest:
Wichtig: Die Bylaws werden nicht beim Secretary of State eingereicht. Sie sind ein internes Dokument, das bei den Unterlagen der Corporation aufbewahrt wird.
Die meisten Bundesstaaten bieten Standard-Templates für Bylaws an, die für kleine Corporations völlig ausreichend sind. Diese Templates können bei Bedarf angepasst werden.
Jede Corporation muss Officers ernennen. Die typischen Officers sind:
Bei 1-Mann-Corporations: Alle drei Posten können von derselben Person besetzt werden. Man ist gleichzeitig President, Secretary und Treasurer. Das ist in allen Bundesstaaten erlaubt.
Die Officers werden vom Board of Directors ernannt – das heißt, man ernennt sich selbst. Diese Ernennung muss in den Minutes des Board Meetings dokumentiert werden.
Die strengen Corporate Governance Anforderungen, von denen man oft hört, gelten fast ausschließlich für börsennotierte Corporations. Closely-Held Corporations sind davon nicht betroffen.
1. Sarbanes-Oxley Act
Der Sarbanes-Oxley Act von 2002 (SOX) ist ein Bundesgesetz, das nach den spektakulären Bilanzskandale bei Enron und WorldCom erlassen wurde. Die Idee: Durch strenge Kontrollen und persönliche Haftung der Geschäftsführung solche Betrügereien künftig verhindern.
SOX verlangt von börsennotierten Unternehmen:
Sarbanes-Oxley hat Corporate Governance für Public Companies von einer formalen Pflicht zu einem echten Überwachungssystem gemacht – mit erheblichen Kosten. Die durchschnittliche Compliance kostet börsennotierte Unternehmen mehrere Millionen Dollar jährlich.
Gilt NICHT für Closely-Held Corporations. Kleine, nicht-börsennotierte Corporations sind von SOX nicht betroffen. Sie müssen keine Audit Committees einrichten, keine internen Kontrollsysteme dokumentieren und unterliegen nicht der persönlichen CEO-Haftung für Finanzberichte.
2. Independent Directors
Börsennotierte Corporations müssen einen Board of Directors haben, der mehrheitlich aus unabhängigen Directors besteht. Ein Independent Director ist jemand, der keine geschäftliche oder persönliche Beziehung zur Corporation hat – also kein Officer, kein Angestellter und kein Verwandter eines Officers.
Gilt NICHT für Closely-Held Corporations. Eine 1-Mann-Corporation kann einen Board haben, der nur aus dem Gründer besteht.
3. Audit Committee, Compensation Committee, Nominating Committee
Börsennotierte Corporations müssen verschiedene Komitees einrichten:
Diese Komitees müssen jeweils aus unabhängigen Directors bestehen.
Gilt NICHT für Closely-Held Corporations. Kleine Corporations brauchen keine Komitees.
4. SEC Filings – Quartalsberichte und Jahresberichte
Börsennotierte Corporations müssen bei der SEC quartalsweise (Form 10-Q) und jährlich (Form 10-K) detaillierte Finanzberichte einreichen. Diese Berichte sind öffentlich zugänglich.
Gilt NICHT für Closely-Held Corporations. Kleine Corporations haben keine Meldepflichten gegenüber der SEC. Die einzige Finanzberichterstattung, die sie leisten müssen, ist die Steuererklärung (Form 1120 oder 1120-S) beim IRS.
Für eine kleine Corporation mit einem oder zwei Gesellschaftern sieht Corporate Governance in der Praxis so aus:
Einmal pro Jahr:
Bei wichtigen Entscheidungen:5. Special Meeting des Board abhalten6. Beschluss fassen und in Minutes dokumentieren
Fortlaufend:7. Bylaws aktuell halten8. Alle Unterlagen (Minutes, Bylaws, Resolutions) in einem Corporate Record Book aufbewahren
Zeitaufwand: Für eine ruhig laufende 1-Mann-Corporation reichen 2-3 Stunden pro Jahr aus, um alle Corporate Governance Pflichten zu erfüllen.
Wer Corporate Governance Pflichten ignoriert, riskiert Piercing the Corporate Veil – das Durchbrechen des Haftungsschutzes.
Eine Corporation ist eine eigenständige juristische Person und schützt die Gesellschafter normalerweise vor persönlicher Haftung. Aber dieser Schutz gilt nur, wenn die Corporation auch wie eine eigenständige juristische Person behandelt wird.
Gerichte können den Haftungsschutz aufheben, wenn:
Beispielfall: Ein Gesellschafter gründet eine Corporation, hält aber nie Meetings ab, führt keine Minutes, vermischt private und geschäftliche Konten und behandelt das Firmengeld wie sein privates Vermögen. Ein Gläubiger verklagt die Corporation. Das Gericht stellt fest, dass die Corporation nie ordnungsgemäß geführt wurde und hebt den Haftungsschutz auf. Der Gesellschafter haftet nun persönlich mit seinem Privatvermögen.
Das Führen ordnungsgemäßer Minutes und das Abhalten jährlicher Meetings sind die einfachsten Maßnahmen, um dieses Risiko zu vermeiden.
Die Corporate Governance Anforderungen sind in den meisten Bundesstaaten sehr ähnlich, da viele Staaten den Model Business Corporation Act übernommen haben. Es gibt aber einige Unterschiede:
Delaware:
Wyoming:
Nevada, Florida, New York: Ähnliche Anforderungen wie Delaware und Wyoming.
Die Grundpflichten – Meetings, Minutes, Bylaws, Officers – gelten in allen Staaten.
Corporate Governance klingt kompliziert, ist aber für kleine Corporations überschaubar. Die Kernpflichten sind:
Was für börsennotierte Corporations gilt – Sarbanes-Oxley, Independent Directors, Audit Committees – gilt nicht für kleine, nicht-börsennotierte Corporations.
Der Zeitaufwand für Corporate Governance bei einer 1-2 Mann Corporation beträgt 2-3 Stunden pro Jahr. Wer diese Pflichten ignoriert, riskiert unter Umständen den Verlust des Haftungsschutzes durch Piercing the Corporate Veil.
Corporate Governance ist kein Luxus für Großkonzerne, sondern eine Grundvoraussetzung dafür, dass eine Corporation als eigenständige juristische Person anerkannt wird – und genau das ist der Hauptgrund, warum man überhaupt eine Corporation gründet.
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