Learning Center
Alles Wichtige verständlich und kompakt erläutert
Wer eine US-Gesellschaft führt, hat viele Pflichten zu erfüllen. Steuererklärungen, Franchise Tax, Corporate Governance, BOI-Meldung – die Liste ist lang. Aber es gibt eine Pflicht, die alle anderen in den Schatten stellt, weil ihre Nichterfüllung die unmittelbarste und drastischste Konsequenz hat: die Zwangsauflösung der Gesellschaft.
Diese Pflicht ist die Einreichung des Annual Report - ein vergleichweise einfaches Formular, einmal im Jahr. Wer es vergisst, riskiert die Firma zu verlieren.
Der jeweilige Secretary of State sendet nach Ablauf der Abgabefrist ein bis zwei Mahnungen. Bleiben diese unbeantwortet, wird die LLC oder Corporation von Amts wegen aufgelöst – unabhängig davon, wie viel Mühe in die Gründung gesteckt wurde, wie erfolgreich das Geschäft läuft oder wie teuer der Firmenname, die Marke oder die Webseite war.
Tausende Gesellschaften werden jedes Jahr aus diesem Grund gelöscht. Nicht wegen komplizierter rechtlicher Probleme, sondern weil ein simples Verwaltungsformular nicht eingereicht wurde.
Der Annual Report ist das zentrale Instrument, mit dem die Bundesstaaten die Aktualität ihrer Handelsregister sicherstellen. Er muss in fast allen Staaten jährlich – in einigen alle zwei Jahre – eingereicht werden und bestätigt, dass die Gesellschaft noch existiert und die beim Register hinterlegten Daten aktuell sind.
Es handelt sich nicht um einen umfangreichen Geschäftsbericht oder eine Steuererklärung, sondern um ein schlichtes Verwaltungsformular. Der Staat will wissen: Gibt es die Firma noch? Ist sie unter der gemeldeten Adresse erreichbar? Wer führt sie? Das war's.
Trotz dieser Einfachheit ist der Annual Report die am häufigsten versäumte Pflicht.
Die Anforderungen variieren leicht von Staat zu Staat, aber üblicherweise werden folgende Informationen abgefragt:
Bei LLCs:
Bei Corporations:
Delaware verlangt nur das absolute Minimum – Name, Adresse und Registered Agent. Kalifornien hingegen fordert detaillierte Angaben zu allen Beteiligten und zur Geschäftstätigkeit. Nevada liegt irgendwo dazwischen.
Die Formulare sind in der Regel online verfügbar und können direkt auf der Website des Secretary of State ausgefüllt werden. Manche Staaten bieten nur noch Online-Einreichung an und akzeptieren keine Papierformulare mehr.
Der Name "Annual Report" führt regelmäßig zu Missverständnissen. Viele erwarten einen Geschäftsbericht mit Umsätzen, Gewinnen und Bilanzen – ähnlich wie börsennotierte Unternehmen das für ihre Aktionäre tun. Das ist aber nicht der Fall.
Der Annual Report bei LLCs und Corporations ist ein schlichtes Informationsformular, das nur die aktuellen Stammdaten bestätigt: Adresse der Gesellschaft, Registered Agent, Namen der Verantwortlichen. Keine Finanzkennzahlen, keine Umsätze, keine Gewinnzahlen. In Florida wird das explizit klargestellt: "It is not a financial statement."
Eine Pflicht zur Veröffentlichung von Jahresabschlüssen existiert in den USA für LLCs und nicht-börsennotierte Corporations nicht. Anders als in Deutschland, wo GmbHs ihren Jahresabschluss im Bundesanzeiger offenlegen müssen, bleibt die finanzielle Situation einer US-Gesellschaft privat. Der Staat will nur wissen, dass die Gesellschaft noch existiert und unter welcher Adresse sie erreichbar ist – mehr nicht.
Ausnahme: Wenige Staaten wie Alabama verlangen im Rahmen ihrer Steuermeldungen zusätzliche Finanzangaben. Das ist aber die Ausnahme. In Delaware, Wyoming, Nevada oder Florida bleibt es bei reinen Basisdaten.
Warum dieser Unterschied?
Dieser Unterschied spiegelt zwei grundlegend verschiedene Rechtsphilosophien wider. Das europäische System setzt auf präventive Transparenz: Publizitätspflichten, Mindestkapital und strenge Kapitalerhaltungsregeln sollen Gläubiger schützen, bevor Probleme entstehen. Das US-System vertraut hingegen auf Eigenverantwortung der Geschäftspartner und private Auskunfteien wie Dun & Bradstreet.
Dafür ist die Gründung in den USA einfacher und günstiger, aber der Haftungsschutz greift weniger stark: Gerichte durchbrechen den Corporate Veil schneller als in Europa, wenn die Gesellschaft unsauber geführt wurde. Keines der Systeme ist per se besser – das europäische bietet mehr Sicherheit durch Vorschriften, das amerikanische mehr Freiheit bei höherem Eigenrisiko.
Die Einreichungsfristen variieren erheblich von Staat zu Staat. Hier die Übersicht für die zehn am häufigsten gewählten Gründungsstaaten:
Wichtig: Diese Tabelle zeigt nur die Gebühr für den Annual Report selbst. In manchen Staaten wie Delaware und Kalifornien kommt die Franchise Tax separat dazu, die erheblich höher sein kann.
Der einfachste Weg: Schauen Sie in Ihre Gründungsdokumente. Das Certificate of Formation (LLC) oder Certificate of Incorporation (Corporation) enthält das Gründungsdatum. Von diesem Datum hängt in vielen Staaten die Frist ab.
Alternativ können Sie auf der Website des Secretary of State nach Ihrer Gesellschaft suchen. Die meisten Staaten zeigen dort nicht nur das Gründungsdatum, sondern auch das nächste Fälligkeitsdatum für den Annual Report an.
Erinnerungen – darauf sollten Sie sich nicht verlassen
Manche Staaten senden Erinnerungen an die registrierte Adresse oder per E-Mail. Delaware zum Beispiel verschickt Erinnerungsschreiben. Nevada auch. Wyoming allerdings nicht. Florida manchmal, manchmal aber auch nicht.
Die Regel lautet: Verlassen Sie sich niemals auf eine Erinnerung. Es liegt in der Verantwortung der Gesellschaft, die Fristen im Blick zu behalten. Wer sich auf eine Erinnerung verlässt, kann böse überrascht werden – etwa wenn die Erinnerung im Spam-Ordner landet, an eine veraltete Adresse gesendet wird oder der Staat gar keine verschickt.
Richten Sie sich eigene Kalender-Erinnerungen ein. Mindestens einen Monat vor der Frist, besser zwei. Nutzen Sie Google Calendar, Outlook oder ein anderes Tool mit Wiederholungsfunktion. Wenn Sie mehrere Gesellschaften haben, führen Sie eine Liste.
Die Gebühren für den Annual Report schwanken erheblich:
Günstige Staaten:
Mittelfeld:
Teure Staaten:
Die Gebühren sind meist online per Kreditkarte zahlbar. Bei verspäteter Einreichung fallen zusätzliche Strafgebühren an, die mit zunehmender Verspätung steigen. Delaware verlangt bei Verspätung zusätzliche $200, Nevada erhöht die Gebühr auf $550.
Die meisten Staaten bieten Online-Einreichung über die Website des Secretary of State an. Der Prozess dauert in der Regel 5 bis 15 Minuten:
Manche Staaten akzeptieren auch noch Papierformulare per Post, aber das wird seltener. Nevada zum Beispiel hat 2023 auf rein digitale Einreichung umgestellt.
Tipp: Bewahren Sie die Bestätigung auf. Sie brauchen sie möglicherweise später als Nachweis, dass Sie fristgerecht eingereicht haben.
Wer den Annual Report nicht einreicht, riskiert die Administrative Dissolution – die Zwangsauflösung der Gesellschaft durch den Staat. Der Ablauf ist in den meisten Staaten ähnlich:
Phase 1: Erste MahnungNach Ablauf der Frist erhält die Gesellschaft eine Mahnung an die Adresse des Registered Agent. Diese Mahnung gibt eine Nachfrist von meist 30 bis 60 Tagen.
Phase 2: Zweite MahnungWird die erste Mahnung ignoriert, folgt nach einigen Wochen eine zweite und letzte Mahnung. Auch diese gibt eine kurze Nachfrist.
Phase 3: Administrative DissolutionBleibt auch die zweite Mahnung unbeantwortet, löst der Secretary of State die Gesellschaft auf. Das geschieht meist 3 bis 6 Monate nach der ursprünglichen Frist.
Die Gesellschaft verliert damit ihren Good Standing Status. Das hat erhebliche Konsequenzen:
Wer mit einer aufgelösten Gesellschaft weiter Geschäfte macht, riskiert zudem, dass Gerichte den Haftungsschutz aufheben und die Gesellschafter oder Directors persönlich haften lassen (Piercing the Corporate Veil).
Panik ist nicht angebracht, aber Eile schon. In den meisten Staaten ist eine Reinstatement – also die Wiederherstellung der Gesellschaft – möglich. Allerdings wird es mit jedem Monat teurer und komplizierter.
Sofortmaßnahmen
1. Status prüfen: Gehen Sie auf die Website des Secretary of State und suchen Sie nach Ihrer Gesellschaft. Der Status zeigt "Dissolved", "Revoked", "Forfeited" oder ähnliches an.
2. Alle versäumten Annual Reports nachreichen: Sie müssen nicht nur den aktuellen, sondern alle versäumten Reports der vergangenen Jahre einreichen.
3. Alle Gebühren bezahlen: Das umfasst:
4. Reinstatement Application einreichen: In den meisten Staaten gibt es ein spezielles Formular für die Wiederherstellung. Dieses muss zusammen mit allen Nachzahlungen eingereicht werden.
Die Kosten variieren erheblich:
Delaware:
Nevada:
Kalifornien:
Je länger die Gesellschaft aufgelöst war, desto teurer wird die Wiederherstellung. Nach mehreren Jahren wird es oft günstiger, die alte Gesellschaft aufzugeben und eine neue zu gründen.
Fristen für Reinstatement
In den meisten Staaten gibt es eine Frist, innerhalb derer eine Reinstatement noch möglich ist – meist zwischen 2 und 5 Jahren. Nach Ablauf dieser Frist ist die Gesellschaft endgültig gelöscht und kann nicht mehr wiederhergestellt werden.
Delaware: 3 JahreNevada: 5 JahreWyoming: 5 JahreKalifornien: Kein festes Limit, aber praktisch schwierig nach 5 Jahren
Mehr Details zum Reinstatement-Prozess finden Sie in unserem ausführlichen Artikel: [Administrative Dissolution und Reinstatement – Der komplette Leitfaden]
Der Good Standing Status ist die Bestätigung, dass die Gesellschaft alle gesetzlichen Pflichten erfüllt hat, keine offenen Gebühren hat und nicht aufgelöst wurde. Dieser Status ist nicht nur eine Formalität, sondern hat praktische Auswirkungen:
Banken verlangen manchmal ein Certificate of Good Standing bei Kontoeröffnung oder Kreditvergabe.
Geschäftspartner fordern es bei größeren Verträgen, um sicherzustellen, dass die Gesellschaft rechtlich in Ordnung ist.
Behörden benötigen es für die Foreign Qualification in anderen Staaten.
Investoren prüfen den Status vor einer Beteiligung.
Das Certificate of Good Standing kann jederzeit beim Secretary of State beantragt werden und kostet je nach Staat zwischen 10 und 50 Dollar. Es ist in der Regel nur wenige Monate gültig und muss bei Bedarf neu ausgestellt werden.
Ohne Good Standing kann die Gesellschaft:
Einige Staaten verlangen statt eines jährlichen Reports nur alle zwei Jahre einen Bericht. Das klingt zunächst angenehmer und günstiger. In der Praxis führt es aber oft dazu, dass Fristen noch leichter vergessen werden.
Staaten mit Biennial Reports:
Die grundsätzliche Funktion und die Konsequenzen bei Nichteinreichung sind dieselben wie beim jährlichen Report. Nur die Häufigkeit ist anders.
Vorsicht: Auch wenn der Report nur alle zwei Jahre fällig ist, können andere Pflichten wie die Franchise Tax weiterhin jährlich anfallen. In Kalifornien zahlt man die $800 Franchise Tax jedes Jahr, reicht den Statement of Information aber nur alle zwei Jahre ein.
1. Kalender-Erinnerungen einrichten
Erstellen Sie eine wiederkehrende Erinnerung mindestens einen Monat vor der Frist. Besser noch zwei Monate vorher. Nutzen Sie Google Calendar, Outlook oder eine andere App, die zuverlässig funktioniert.
2. Compliance-Kalender führen
Wenn Sie mehrere Gesellschaften haben oder in mehreren Staaten registriert sind, führen Sie eine Excel-Tabelle oder eine andere Übersicht mit allen Fristen. Aktualisieren Sie diese jährlich.
3. Gründungsagentur oder Registered Agent Service nutzen
Viele Gründungsagenturen und Registered Agent Anbieter bieten Compliance-Services an. Sie erinnern Sie an Fristen und reichen den Annual Report gegen Gebühr für Sie ein. Das kostet zwischen 50 und 150 Dollar pro Jahr zusätzlich, kann aber den Unterschied zwischen Fortbestand und Auflösung bedeuten.
4. Sofort nach Erhalt einreichen
Manche Staaten erlauben die Einreichung des Annual Report schon Monate vor der eigentlichen Frist. Wenn Sie die Erinnerung oder das Formular erhalten, reichen Sie es sofort ein. Aufschieben ist gefährlich.
5. Bestätigung aufbewahren
Speichern Sie die Einreichungsbestätigung an einem sicheren Ort. Falls der Staat später behauptet, Sie hätten nicht eingereicht, haben Sie einen Beweis.
Der Annual Report ist die einfachste und gleichzeitig wichtigste Pflicht einer US-Gesellschaft. Ein simples Formular, einmal im Jahr, meist online in 10 Minuten erledigt. Vergisst man es, kostet es die Existenz der Gesellschaft.
Sie müssen nicht alles über US-Gesellschaftsrecht wissen. Aber diesen einen Termin im Jahr müssen Sie kennen. Richten Sie sich Erinnerungen ein. Reichen Sie fristgerecht ein. Bewahren Sie die Bestätigung auf.
Wenn Sie bereits in Verzug sind: Keine Panik, aber Eile. In den meisten Staaten ist eine Reinstatement möglich – aber sie wird mit jedem Monat teurer. Prüfen Sie Ihren Status online, reichen Sie alle versäumten Reports nach und zahlen Sie alle Gebühren.
Die größte Gefahr ist nicht die Komplexität des Annual Report, sondern das Vergessen. Ein vergessener Termin kann Jahre der Aufbauarbeit zunichtemachen.
Sie haben Fragen zum Thema Firmengründung in den USA?
Gerne beantworten wir Ihnen diese in einem persönlichen Gespräch. Rufen Sie uns dazu einfach an, chatten Sie mit uns oder senden Sie eine Email.
Freecall DE/AT: 0800 400 43 40
Freecall CH: 0800 400 43 4
+1 929 2364 627
info@easy-inc.com
Auch interessant: